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Größte Pensionsreform seit 20 Jahren? – Hell yeah!

Johannes Gasser
Johannes Gasser

Die größte Pensionsreform seit zwei Jahrzehnten nimmt endlich Gestalt an: Mit klaren Maßnahmen zur Kostendämpfung, einem verbindlichen Nachhaltigkeitsmechanismus und dem Ziel, das faktische Pensionsantrittsalter anzuheben, bringen wir Verantwortung und Realismus ins Pensionssystem. Warum das längst überfällig ist – und was wir konkret umsetzen – lest Ihr hier:

Seit Jahren ist eines klar: Unser Pensionssystem ist in der aktuellen Form nicht nachhaltig finanzierbar. Das betonen nicht nur Expert:innen seit Langem – erst kürzlich hat der Fiskalrat erneut darauf hingewiesen, dass dringend Reformen nötig sind.[1] Denn in unserem Umlagesystem reichen die Beiträge der Erwerbstätigen immer weniger aus, um die Pensionen zu finanzieren. Die Folge: Der Zuschuss aus dem Bundesbudget steigt Jahr für Jahr – mit bedenklicher Dynamik.

Für uns NEOS war klar: Wenn wir Teil einer Bundesregierung sind, müssen wir hier liefern. Denn seit zwei Jahrzehnten wurden im Pensionsbereich vor allem Beschlüsse gefasst, die die Ausgabendynamik nicht gebremst, sondern noch verstärkt haben.

Das letzte Mal, dass eine echte Reform gelang, war in den 2000er-Jahren unter Bundeskanzler Schüssel – mit dem Umstieg auf das Pensionskonto und somit auf ein beitragsorientiertes System.

Seitdem ist im Pensionsbereich zwar viel passiert – aber leider kaum etwas im positiven Sinne.

Zahlreiche Maßnahmen haben die Finanzierbarkeit des Systems geschwächt. Die Abschaffung der abschlagsfreien Frühpension wurde rückgängig gemacht und durch eine noch teurere Regelung ersetzt (Frühstarterbonus). Neue Leistungen wie die Ausgleichszulage Plus wurden geschaffen, bestehende Leistungen ausgeweitet – stets zulasten zukünftiger Generationen.

Der Budgetdienst des Parlaments hat errechnet, dass allein die Pensionsbeschlüsse zwischen 2017 und 2024 Mehrkosten in der Höhe von rund 2 Milliarden Euro jährlich verursachen. Von Einsparungen oder Kostendämpfung konnte in den letzten Jahren keine Rede sein.[2]

Dabei wären die Budgetzuschüsse für Pensionen aufgrund des demografischen Wandels ohnehin gestiegen – das zeigen die Langfristprognosen der Alterssicherungskommission. Und mit jeder neuen Prognose werden die erwarteten Kosten weiter nach oben korrigiert. Der Pfad nachhaltiger Finanzierung wurde längst verlassen, die Hoffnung auf Entlastung ist geschwunden.

Wir ändern das jetzt. Und wir setzen um, was dem österreichischen Pensionssystem bisher gefehlt hat: einen gesetzlich bindenden Nachhaltigkeitsmechanismus.

Ob bzw. wann dieser zum Einsatz kommt, hängt davon ab, wie wirksam die gesetzten Maßnahmen sind und ob sie ausreichend umgesetzt werden, um die Finanzierbarkeit des Pensionssystems sicherzustellen.

Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters

In einer ersten Phase haben wir uns auf eine Vielzahl an Maßnahmen geeinigt, die kurzfristig kostendämpfend wirken und vor allem das Ziel verfolgen, das faktische Pensionsantrittsalter – derzeit bei knapp über 61 Jahren – schrittweise an das gesetzliche Antrittsalter von 65 Jahren heranzuführen.

Ein wesentlicher Grund, warum Menschen vor dem gesetzlichen Alter in Pension gehen, ist nicht immer Arbeitslosigkeit oder Krankheit (auch das adressieren wir), sondern schlicht die Tatsache, dass das Pensionssystem es zulässt und es finanziell attraktiv macht. Zahlen der Pensionsversicherung untermauern das:

  • Nur 25% der Männer gehen in die klassische Alterspension mit Antrittsalter 65, aber 21% in die finanziell attraktive Korridorpension bzw. 17% Hacklerpension und damit in eine Frühpension.[3]
  • Der absolute Großteil der Pensionist:innen geht direkt aus einer Erwerbstätigkeit in eine Alterspension: 76% der Männer und 72% der Frauen (d.h. auch in eine Korridor- oder Hacklerpension).[4] Zudem legen erste Analysen zur Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters der Frauen nahe, dass der Wechsel aus einer Phase der Arbeitslosigkeit in die Pension organisatorische Gründe haben könnte.[5]

Was werden wir deshalb tun, um das faktische Antrittsalter anzuheben:

1. Einschränkung der Korridorpension

Die Voraussetzungen für den Zugang zur Korridorpension werden stufenweise verschärft, d.h. wir heben ab 1.1.2026 pro Quartal sowohl das Antrittsalter, sowie die notwendigen Versicherungsmonate um jeweils 3 Monate an. Das passiert so lange, bis wir bei einem Antrittsalter von 63 Jahren und bei 42 Versicherungsjahren angekommen sind.

Sollten sich die langfristigen Einsparungseffekte nicht realisieren lassen, ist auch eine Anhebung auf 45 Versicherungsjahre vorgesehen.

Die Frühpensionierung über die Korridorpension erfolgt bisher mit besonders niedrigen Voraussetzungen – im Vergleich etwa zur Hacklerregelung. Wir setzen erste Schritte in Richtung eines einheitlichen Frühpensionierungsregimes mit klaren, versicherungsmathematisch gerechtfertigten Zugangsvoraussetzungen. 45 Versicherungsjahre sollen langfristig das Minimum für eine frühzeitige Alterspension sein.

Kritiker merken zu Recht an, dass sich durch diese Änderung langfristig auch höhere Pensionsansprüche ergeben könnten, weil Menschen für die Korridorpension dann länger einzahlen und niedrigere Abschläge haben. Das stimmt – jedoch stellt der Nachhaltigkeitsmechanismus sicher, dass kurzfristige Einsparungen langfristig mit strukturellen Maßnahmen abgestützt werden.

2. Teilpension

Das österreichische Pensionssystem kennt derzeit nur Alles-oder-nichts-Lösungen: Entweder man arbeitet oder man ist in Pension. Diese Realität entspricht nicht den Lebensverhältnissen vieler älterer Arbeitnehmer:innen.

Die Altersteilzeit war bisher das einzige Instrument, um hier einen Beitrag zu leisten. Sie ist aber kein pensionspolitisches Instrument, da es über das AMS finanziert wird und kaum Bezug zur Pensionsversicherung hat. Ein Beitrag zur nachhaltigen Finanzierbarkeit im Pensionssystem war damit nicht gegeben.

Mit der Teilpension ermöglichen wir es, dass man ab dem frühestmöglichen Anspruchszeitpunkt – mit entsprechenden Abschlägen – nur einen Teil (25 %, 50 % oder 75 %) der Pension bezieht und gleichzeitig in entsprechender Höhe weiterarbeitet. Das verlängert die Erwerbstätigkeit und erhöht die spätere Pension. Frühpensionierung wird so finanziell unattraktiver.

Diese beiden Änderungen sind der erste Schritt zu einem flexiblen Pensionsmodell mit klaren, einheitlichen und fairen Bedingungen – einer Flexi-Pension, wie wir NEOS sie immer schon gefordert haben, kommen wir damit einen Schritt näher.

Nachhaltigkeitsmechanismus

Wie im Regierungsprogramm vereinbart, führen wir einen Nachhaltigkeitsmechanismus ein. Wenn die gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen, um die Beschäftigung Älterer zu erhöhen, das faktische Antrittsalter zu steigern und damit die Zuschüsse zu senken, wird der Mechanismus automatisch ausgelöst.

Dann ist die Bundesregierung gesetzlich verpflichtet, weitere Maßnahmen zu setzen. Diese können alle Elemente des Pensionssystems betreffen: Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters, Anpassung des Referenzalters, Änderungen der Kontoprozentsätze, Zu- und Abschläge oder Pensionsvalorisierung.

Für uns NEOS ist klar: Die ehrlichste Methode ist, dass sich die steigende Lebenserwartung im System widerspiegelt – etwa durch ein höheres Pensionsantrittsalter oder durch höhere Abschläge, wenn man nicht länger arbeitet (also über das Referenzpensionsalter bzw. Die Kontoprozentsätze)

Der Kostendämpfungspfad

Im Regierungsprogramm wurde bereits ein Kostendämpfungspfad definiert, ausgehend von damaligen Budgetannahmen sind über die Maßnahmen folgende Kostendämpfungen nötig:

2026 – 625 Mio. EUR  
2027 – 1.042 Mio. EUR  
2028 – 1.458 Mio. EUR  
2029 – 1.875 Mio. EUR  
2030 – 2.500 Mio. EUR  
2031 – 2.917 Mio. EUR

Dieser Pfad wird natürlich auch über 2030 hinaus Wirkung zeigen.

Schon die Reformen unter Schüssel sahen einen „Referenzpfad“ vor, der allerdings nie verpflichtend einzuhalten war. Die Alterssicherungskommission wies mehrfach darauf hin, dass dieser längst verlassen wurde – ohne Konsequenzen.

Das ändert sich jetzt: Der neue Nachhaltigkeitsmechanismus wird gesetzlich verankert und verpflichtet zu Maßnahmen, wenn der Pfad nicht eingehalten wird.

Damit bringt diese Pensionsreform nicht nur kurzfristig notwendige Einsparungen, sie stellt einen nachhaltigen Finanzierungspfad sicher und damit ist das die größte Pensionsreform, die wir seit 20 Jahren in Österreich hatten.

Wie stark er greift, hängt davon ab, ob er als Verfassungsgesetz beschlossen wird. Dann kann er nicht einfach durch eine einfache Gesetzesmehrheit aufgehoben werden. Es liegt also auch an Grünen und FPÖ, Verantwortung für kommende Generationen zu übernehmen. Wir sind gespannt, ob sie dieser Verantwortung gerecht werden.


Quellen:
[1] https://fiskalrat.at/publikationen/berichte/nachhaltigkeitsbericht-uebersicht/202504.html
[2] https://www.parlament.gv.at/dokument/budgetdienst/analysen-auf-anfrage/BD-Fiskalische-Wirkung-der-Pensionsbeschluesse-zwischen-2017-und-2023.pdf
[3] https://www.pv.at/de/flipbooks/PV-406-2023/flipbook.pdf
[4] https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:74a05ce6-2652-4e65-96c5-73431f5be312/Broschuere_%25C3%259Cbertritt_2022.pdf&ved=2ahUKEwjLhJb0momKAxUjVfEDHV2MG8QQFnoECBoQAQ&usg=AOvVaw2zOqb8CvHmeeVxuvXiPyjF
[5] https://x.com/monikaturyna/status/1909938980532990030

 

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